Gepostet am 9. Februar 2018 um 12:00

Internes und externes Case Management: eine Gegenüberstellung

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Viele Unternehmen in der Schweiz verfügen über ein betriebliches Case Management (BCM). Zwei Grundmodelle sind zu finden: das BCM mit einer internen Fachstelle/-person und das BCM mit externen Anbietern. Welche sind die Unterschiede?

Das betriebliche Case Management wendet sich an Mitarbeitende mit drohender oder bestehender Arbeitsunfähigkeit und unterstützt sie bei der beruflichen Reintegration mit dem Ziel, Ausfälle zu reduzieren und die Rückkehr zum bisherigen Arbeitsplatz zu ermöglichen. In diesem Sinne verwendet man oft auch die Bezeichnung Absenzenmanagement. Dieses kann man als Teil des betrieblichen Gesundheitsmanagements betrachten, dessen weitere Aufgaben die Gesundheitsförderung und die Prävention sind.

Die Dienstleistungen des betrieblichen Case Managements können von im Unternehmen fest angestellten Case Managers erbracht (internes Case Management) oder bei externen Fachpersonen/Anbietern eingekauft werden (externes Case Management). Oft sind in den Leistungspaketen von Krankentaggeld- und Unfallversicherern auch Case-Management-Angebote mit eingeschlossen.

Welche sind für ein Unternehmen die Unterschiede zwischen internem und externem Case Management? Und was bedeutet es für die einzelnen Mitarbeitenden, im Rahmen eines internen oder externen Case Managements begleitet zu werden?

Weiterführende Lektüre: Beiträge zur sozialen Sicherheit, Disability Management in Unternehmen in der Schweiz, Forschungsbericht Nr. 3/2008, Bern; Evaluation des Case Managements der Verwaltung der Stadt Zürich, J. Guggisberg und andere, Bern 2016

Man könnte meinen, Unternehmen entscheiden sich für das interne oder externe Case Management hauptsächlich aufgrund von wirtschaftlichen Kriterien. Est ist offensichtlich, dass die Errichtung einer internen Case-Management-Fachstelle eine grosse Investition bedeutet, der beachtliche Fixkosten folgen. Die Autoren der Evaluation des Case Managements der Verwaltung der Stadt Zürich vertreten zum Beispiel die These, dass ein internes Case Management erst bei einer Betriebsgrösse von ca. 1000 Mitarbeitenden wirtschaftlich sinnvoll sei.

Freilich kann eine interne Fachstelle zuweilen eine bessere Wirkung erzielen als eine externe Fachperson. Denn das interne Case Management, das selbst Teil der Unternehmensstruktur ist, kennt Organisation und Abläufe und weiss im Voraus, wie und wo zum Beispiel ein befristeter Schonarbeitsplatz oder eine interne Verlegung realisierbar sind.

Mit der Struktur und den Prozessen im Betrieb kann sich jedoch auch der externe Case Manager vertraut machen. Egal ob es um die vorübergehende Reduktion des Arbeitspensums oder die vorläufige Anpassung der Aufgaben eines Mitarbeitenden geht: Solche und ähnliche Massnahmen der ersten Reintegrationsphase kann die externe Fachperson mit je weniger Hürden umsetzen, desto besser sie Struktur und Kultur des Betriebes kennt. Diese Erfahrung habe ich als externe Case Managerin sehr oft gemacht. Die entscheidende Rolle spielt eher die Flexibilität des Unternehmens im Rahmen seiner objektiven Möglichkeiten.

Eine externe Fachperson zu beauftragen, bedeutet wohl auch, gewisse Aufgaben der Mitarbeiterbetreuung zu delegieren. Daraus ergibt sich die gewünschte Entlastung für HR-Verantwortliche und Vorgesetzte. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass das Unternehmen mit einer externen Person in Kontakt kommt, die eventuell neue Elemente in die Betriebskultur einbringt. Ob man dies als Vorteil oder Nachteil erachtet, hängt mit der allgemeinen Offenheit des Unternehmens und seiner Einstellung gegenüber Neuem zusammen.

Neben der Einstellung des Betriebes als Gesamtorganismus ist die Haltung des einzelnen Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Als ich festangestellte Case Managerin bei einer Versicherung war, bin ich von den Betroffenen oft mit Skepsis und Misstrauen konfrontiert worden. Immer wieder war - entweder ausgesprochen oder zwischen den Zeilen - ein Satz zu hören: »Sie vertreten doch nur die Interessen der Versicherung!«. Beim ersten Treffen ging es vorwiegend darum, mich als unparteiisch und vertrauenswürdig zu erweisen. Es war entscheidend, der kranken/verunfallten Person aufzuzeigen, dass die Welt nicht immer und ausschliesslich aus Gewinnern und Verlierern besteht und es sogar nicht selten »Win-Win-Situationen« gibt.

Damals habe ich oft gedacht, dass eine externe Fachperson, die keiner der involvierten Stellen angehört, eher als neutral wahrgenommen wird. Daher geniesst ein externes Case Management möglicherweise breitere Akzeptanz als eine interne Fachstelle, der eventuell der eine oder andere Mitarbeitende bewusst oder unbewusst unterstellt, als Interessenvertretung des Arbeitgebers zu handeln.

In diesem Zusammenhang fällt mir noch eine Frage ein: Gibt es Personen, für die weder das interne noch das externe Case Management geeignet oder sinnvoll ist? Doch – es sind all diejenigen, die ein ausschliesslich negatives Menschenbild besitzen. Egal ob sie Entscheidungsträger bei Unternehmen, Arbeitnehmer oder Versicherungsvertreter sind: Sie denken, dass die ganze Menschheit im Grunde aus arbeitsscheuen Angestellten, narzisstischen Vorgesetzten und listigen Betrügern besteht. Solche unverbesserlichen Misanthropen haben vom Case Management nichts zu erwarten.

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